Wenn die Zeit knapp wird – Stundenentwurf

Landesinstitut für Schulqualität und Lehrerbildung Sachsen-Anhalt
Staatliches Seminar für Lehrämter Halle


Unterrichtsentwurf für den Prüfungsunterricht

gemäß der Verordnung über den Vorbereitungsdienst und die Laufbahnprüfung für ein Lehramt im Land Sachsen-Anhalt (LVO-Lehramt) vom 13. Juli 2011.

im Fach: Evangelische Religion

Thema der Unterrichtssequenz: Was ist Zeit?

Thema der Unterrichtsstunde: Wenn die Zeit knapp wird? – A Single Life

Schule: Martin-Luther-Gymnasium, Siegfried-Berger-Weg 16/17, 06295 Lutherstadt Eisleben

Datum: 23.10.2017

Klasse: 10

Uhrzeit: 9:20 – 10:05 Uhr

Raum: 202 (Haus I)

Studienreferendarin: Romy Aderhold

Hauptseminarleiterin: N.N.

Fachseminarleiterin Geschichte: N.N.

Fachseminarleiterin Evangelische Religion: N.N.

Schulleiter: N.N.

Betreuungslehrerin Geschichte:N.N.

Betreuungslehrerin Evangelische Religion: N.N.


Inhaltsverzeichnis


1. Analyse des didaktischen Bedingungsfeldes

Die vorliegende Unterrichtsstunde und Unterrichtssequenz wurde für Schülerinnen und Schüler1Schülerinnen und Schüler wird zur besseren Lesbarkeit in den folgenden Ausführungen mit SuS abgekürzt. der Klassenstufe 10 konzipiert.

Die hier zu beschreibende religiös-plurale Lerngruppe2N.N., N.N., N.N., N.N., N.N., N.N. S, N.N., N.N. und N.N. sind konfirmiert oder weisen eine Nähe zu kirchengemeindlichen Aktivitäten auf. des evangelischen Religionsunterrichts besteht aus 15 SuS, die sich in einem recht unausgewogenen Geschlechterverhältnis von 10 Mädchen zu 5 Jungen zusammensetzt. Die SuS sind bis auf wenige Ausnahmen altershomogen: N.N. wiederholt die 10. Klasse und ist demzufolge etwas älter. N.N. musste wegen einer schweren Erkrankung lange pausieren und ist nach einer Wiedereingliederungsphase nun im vollen Stunden- und Leistungsumfang integriert. Im September 2016 begann in dieser Lerngruppe der von meiner Mentorin gestützte Unterricht, seit Beginn des neuen Schuljahres erfolgt der Unterricht eigenverantwortlich.

Das Lehrer-Schüler-Verhältnis nehme ich als ein positiv geprägtes wahr. Gleichwohl die Themen des Religionsunterrichts wie Tod und Sterben in Klasse 9 (und in der Fortführung in Klasse 10: Auseinandersetzung mit Eschatologie als Lehre von den letzten Dingen – Tod, Auferstehung und Jüngstes Gericht) eine besondere Sensibilität in einem pädagogischen Schonraum bedürfen, begegneten die SuS meinem Unterricht zu diesem Thema und dem daran anschließendem Unterricht sehr aufgeschlossen. Die SuS nutzen mündliche und schriftliche Evaluierungschancen und machten hierbei auch konstruktiv-kritische Angaben, die wertschätzend in die weitere Unterrichtsplanung einbezogen wurden. Dies lässt auf eine vertrauensvolle Akzeptanz und Interesse an der Gestaltung von unserem gemeinsamen Unterricht schließen.

Grundsätzlich besteht in der Klasse eine motivierte Leistungsbereitschaft, die sich insbesondere in Gesprächsphasen durch eine aktive Beteiligung am Unterrichtsgespräch ablesen lässt. SuS wie N.N., N.N., N.N., N.N. und N.N. sind zumeist verlässliche Gesprächspartner im Stundenverlauf. Im vorhergehenden Unterricht zum Thema Naturwissenschaft und Glaube fanden themenbezogene Diskussionen statt, die eine zunehmende Beteiligung von SuS wie N.N., N.N., N.N., N.N., N.N., N.N. aufzeigten. N.N., N.N., N.N. und N.N. sind stille SuS, die durch aktive Ansprache oder Aufforderung einbezogen werden können. Indes soll es den SuS freigestellt bleiben, die sinnbildenden Angebote des Religionsunterrichts im Stilleren oder im Austausch mit ihren Peers wahrzunehmen, um zu einer eigenen Sinnbildung zu gelangen.

In handlungs- und produktorientierten Arbeitsphasen zeigen die SuS eine gute und zumeist motivierte Arbeitsbereitschaft. Vermeidungshandlungen, die auf eine verminderte Anstrengungsbereitschaft schließen lassen, treten vereinzelt in Form von Kleingruppengesprächen auf. Ihnen wird mit motivierender Ansprache und freundlicher Aufforderung begegnet.

Es gelingt den SuS dieser Lerngruppe gut kooperativ zu arbeiten.

Das Leistungsvermögen ist heterogen und lässt sich an Kriterien wie Erfassung und Bearbeitung von Aufgaben- und Fragestellungen, Textverständnis – bspw. Erfassung von Kerngedanken – sowie dem Ausprägungsgrad der Fähigkeit sich Einzulassen einschätzen.3Sich Einlassen ist die Voraussetzung der Entwicklung von Wahrnehmungs- und Darstellungsfähigkeit. Dieses Kriterium aber lediglich unter Leistungsvermögen einzuordnen, wäre eine unpassende Verengung. Wahrnehmen ist u.a. von Gefühlen und Stimmung beeinflusst und gibt daher nicht nur über unser Vermögen oder Unvermögen Leistungen zu erbringen Aufschluss. Die Bereitschaft und das Vermögen Leistungen zu erbringen sind also in größerer Abhängigkeit vom persönlichen Lernbereich, vor allem wenn es um eine ästhetische Dimension religiöser Bildungsprozesse geht. Vgl. hierzu die didaktischen Überlegungen weiter unten. N.N., N.N., N.N. und N.N. weisen ein ausgeprägtes Erfassen von Phänomenen aus Text, Bild oder Musik und eine elaborierte Darstellung ihrer Deutung dazu auf. Über den verstärkten Einsatz von Team- oder Gruppenarbeitsphasen kann in der Zusammenarbeit der leistungsheterogenen SuS eine natürliche Differenzierung realisiert werden.4In Weiterführung von Vygotskij, der individuelle kognitive Weiterentwicklung über Zusammenarbeit und Kommunikation mit anderen als ein Werkzeug für Lernerfolge kennzeichnet. Vgl. VYGOTSKIJ, Lev Semënovič: Denken und Sprechen, Weinheim u.a. 2002, S. 327.

Das Sozialverhalten ist in dieser Lerngruppe insgesamt als positiv zu bewerten. Die SuS können diskursiv aufeinander eingehen und nehmen zumeist Rücksicht aufeinander. N.N. bedarf verstärkter Unterstützung in dialogischen Situationen und kooperativen Erarbeitungsphasen dahingehend, dass sie in ihrem persönlichen Lernbereich zur Entwicklung einer konstruktiven Begegnung geprägt von Verständigung, Respekt, Anerkennung und Aushalten von Differenz unterstützt wird. Unterrichtsstörungen treten in dieser Klasse lediglich in Form von Kleingruppengesprächen vermehrt zwischen benachbarten SuS wie N.N. und N.N., N.N. und N.N. auf. Über direkte namentliche Ansprache oder nonverbale Kommunikation (Blickkontakt) können diese Störungen gut eingegrenzt werden.

Regulär findet der Religionsunterricht Freitagmorgen in einem Doppelstundenblock im Haus II statt. Für die Realisation des Prüfungsunterrichts werden die SuS zum Unterricht in das Haus I kommen. Demzufolge findet der Unterricht in einer veränderten Raum- und Zeitsituation statt. Über die bekannte Sitzordnung soll dennoch eine vertraute Lernumgebung geschaffen werden. Die medialen Bedingungen bleiben mit Flügeltafel und Overheadprojektor erhalten. Der Einsatz von Medientechnik wie Beamer, Laptop, Tonverstärkung kann über den Medienwagen realisiert werden. Unter kleineren qualitativen Abzügen – keine geweißte Wand oder Leinwand im Raum 202 – ist der Einsatz von Filmmedien für den Unterricht dennoch möglich. Es liegen gute Verdunklungsmöglichkeiten über manuelle Rollläden vor.

Dieser Unterrichtsstunde vorangestellt ist eine Einstiegstunde zum Thema Was ist Zeit?, in der die SuS in die Anforderungssituation eingeführt und ihre Zeiterfahrungen wahrgenommen und verschiedenen Zeitbegriffen und Zeitperspektiven gegenüberstellen können.

2. Sachanalyse

Die Zeit verrinnt. Die Zeit rast. Die Zeit steht still. Die Zeit vergeht wie im Fluge. Ich habe doch keine Zeit … In vielfältigster Weise sprechen wir in unserem Alltag von Zeit. Wir gebrauchen Redewendungen und verwenden Metaphern, um Zeitprobleme oder Zeitknappheit zu formulieren. Wir verwenden Zeitbegriffe um Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu unterscheiden, indem wir fragen, was gestern war, heute ist und morgen sein wird. Uns sind Zeitmesser wie Uhren oder Kalender dienlich, um Zeitpunkt oder Zeitdauer anzugeben. Wir staunen über Abweichungen zwischen subjektivem Zeiterleben und objektiv messbarer Uhr- oder Jahreszeit.

„Was ist also die Zeit?“ fragte Augustin, einer der ersten Theologen des frühen Christentums, in seinen Bekenntnissen und formulierte in Anlehnung an Aristoteles eher rätselhaft: „Wenn mich niemand danach fragt, weiß ich es, wenn ich es aber einem, der mich fragt, erklären sollte, weiß ich es nicht“.5AUGUSTINUS, Aurelius: Die Bekenntnisse des heiligen Augustinus, Elftes Buch, 14. Kapitel, Leipzig 1888, Online im Internet, URL: http://gutenberg.spiegel.de/buch/die-bekenntnisse-des-heiligen-augustinus-510/12. [letzter Zugriff am 10.10.2017]

Der Zeitbegriff an sich und das Sprechen von Zeit ist in Erfassung und Deutung kulturabhängig, also stets selbst ein Kind seiner Zeit und der Menschen, die Deutungen vornehmen und Erfassung praktizieren. Voraussetzung für dieses Sprechen von Zeit ist die Erfahrung von Zeit als ein grundlegender Bestandteil der menschlichen Existenz und Beweggrund für jedes philosophische, theologische, geschichts- und naturwissenschaftliche oder künstlerische Nachdenken und Problematisieren von Zeit.6Vgl. GLOY, Karen, Art.: Zeit, I. Philosophisch, in: TRE, Bd. 36, S. 504.

Im Kurzfilm „A Single Life“, der 2014 von einem niederländischen Filmteam produziert und mit zahlreichen Auszeichnungen – unter anderem einer Oscarnominierung als bester Kurzfilm im Jahr 2015 – prämiert wurde, kann die Protagonistin Pia in 2 Minuten und 15 Sekunden eine Zeitreise durch ihr Leben machen.7Dieser Film und viele weitere interessante Projekte des kunstschaffenden Teams finden sich auf der Website der Filmemacher, unter: http://jobjorisenmarieke.nl/a-single-life. Ein mysteriöser Bote stellt ihr eine Vinylplatte mit der Aufschrift „A Single Life“ zu, mit der es Pia gelingt, in der Zeit vor- und zurück zu reisen und fünf eigene Lebensalter in unterschiedlichen Lebensräumen aufzusuchen. Der Film endet überraschend und deutungsoffen: Reist sie durch ein erfülltes Leben, in dem Zeit immer eine besondere Rolle spielt? Hat sie genügend Zeit oder gleitet sie ihr aus den Händen?
Die Filmemacher verarbeiten das Motiv verschiedener Zeitabschnitte und Ordnung von Zeit, dass bereits in einer grundlegenden Betrachtung der Wortherkunft von Zeit offenbar wird.

Das deutsche Wort Zeit lässt sich aus dem althochdeutschen Wort „zit“ für abteilen, aufteilen und zumessen herleiten und verweist etymologisch betrachtet auf eine Einteilung natürlicher und kultureller Verlaufsformen und Abläufen von Geschehen in die Ordnung von Welterfahrung. Zeitvorstellungen sind demzufolge Ausdruck und Ordnung von unterschiedlichen Erfahrungen. 8Vgl. MOHN, Jürgen, Art: Zeit/Zeitvorstellungen, I. Religionswissenschaftlich, in: RGG, Bd. 8, Sp. 1801.

In biblischer Betrachtung von Zeit und Zeitvorstellungen zeigen sich etymologische und exegetische Besonderheiten, die hier nur angerissen werden können. Im Alten Testament gilt es Zeit zwischen dem Zeiterleben der Israeliten im Alltag und Zeitaussagen der Bücher des Alten Testaments zu unterscheiden: Die Tätigkeiten und kultischen Handlungen der landwirtschaftlich lebenden Israeliten waren an Zeiteinheiten wie Tag und Nacht, Aussaat und Ernte, Sabbat und Woche gebunden. Jeder Handlung war die Bestimmung eines rechten Zeitpunktes bedeutsam, das in der weisheitlichen Literatur von Kohelet mit „Alles Ding hat seine Zeit“ (Koh 3,1) beschrieben und als ganzheitliche Ausrichtung des Menschen auf die Gegenwart und die in ihr liegenden Möglichkeiten gedacht wurde.9Vgl. MATHYS, Hans-Peter, Art.: Zeit, III. Altes Testament, In: TRE, Bd. 36, S. 521f. Darüber hinaus erscheint Zeit in alttestamentlichen Erzählungen und Geschichtsschreibungen als das punktuelle Eingreifen Gottes in das Geschehen auf Erden, zugunsten oder gegen seines israelitischen Volkes, selbst oder durch sein Wort an Propheten: Er rief als Schöpfer Zeit und Zeitmessung durch Gestirne ins Leben (Gen 1,1), er bestimmt die menschliche Lebenszeit (Gen 6,3), prägt die Heilsgeschichte und verheißt in der Abfolge von Weltreichen ein zukünftiges ewiges Reich (Dan 2 und 7).10Ebd. Das Neue Testament setzt diese Erwartung eines zünftigen Reiches voraus und sieht es im Leben, Wirken und Verkündigung des Reich Gottes durch Jesus Christus erfüllt. Somit lassen sich aus der jüdisch-christlichen Schrifttradition eine zyklische Vorstellung von Zeitabläufen (im Sinne von wiederkehrenden, rhythmischen Ereignissen und Zuständen) sowie eine historisch-lineare Vorstellung von Zeit (unterscheidbar in Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft) erkennen.

In christlich-theologischer Hinsicht erscheinen zwei Komponenten in ihrer Verbindung bedeutsam. Wie das Verhältnis Gottes zur Zeit beschrieben werden kann und wie der Mensch als Teil der Schöpfung Zeit deutet und gestaltet. Gott als Schöpfer gab die Zeit an die Schöpfung und vergegenwärtigt sich in ihr durch sein schöpferisches, versöhnendes, vollendendes und teilnehmendes Handeln.11Sofern nicht anders angegeben, folgen die nächsten Ausfpührungen der Darstellung von: SCHWÖLBEL, Christoph, Art.: Zeit/Zeitvorstellungen, V. Religionsphilosophisch, dogmatisch, ethisch, 2. Dogmatisch, 3. Ethisch, in: RGG, Bd. 8, Sp. 1812-1816.

Alle Zeit ist von Gott verliehene Gabe und er beauftragte den Menschen aus und in dieser Fülle verantwortungsvoll zu leben. Der Mensch als Ebenbild Gottes ist in Freiheit in die Schöpfung gesetzt und hat damit Deutungs- und Gestaltungsmöglichkeiten für sein Leben in der Zeit. Durch die Menschwerdung Gottes in Jesus Christus und die Verkündigung des Reich Gottes verwandelt er durch Vergebung die Zeit des Gerichts in eine Zeit der Gnade und erfüllt sie heilsversprechend. Diese Botschaft der Hoffnung steht spannungsvoll zwischen einem eschatologischen „schon jetzt“ (präsentisches Heil) und einem „noch nicht“ (futurisches Heil). In der Auferweckung Jesu eröffnet Gott den Menschen den Zugang zu einer neuen zukünftigen Zeit und in dieser Ewigkeit verwirklicht sich die Gemeinschaft von Gott und Mensch.

An diese dogmatische Perspektive und dem Verständnis von Zeit als Gabe Gottes schließt die ethische Dimension zur Frage nach der Gestaltung dieser verfügbaren Zeit an. Wie kann der Mensch in seiner Freiheit, die ihm zugemessene Zeit nutzen?
Schaut man auf Untersuchungen und Darstellungen über Zeiterfahrungen, wird Zeit eher als Last, als Bedrohung empfunden. Die Zeit greife nach dem Menschen, ein Leben wie im Hamsterrad sind geläufige Bilder der Gegenwart.12REINGRABNER, Gustav: „… Zeitlich und ewiglich wohl verdienet …“ – Einige theologische Bemerkungen zur Zeit, in: HELLER, Hartmut (Hrsg.): Gemessene Zeit – gefühlte Zeit. Tendenzen der Beschleunigung, Verlangsamung und subjektiven Zeitempfindens, Wien 2006, S. 32f.

Dem gegenüber zeichnet sich ein Bedürfnis nach Verlangsamung, Entschleunigung und Veränderung ab. Die Wahrnehmung und Erfahrung von Zeit ist folgerichtig sehr stark individuell geprägt und verweist damit auch auf eine anthropologische Dimension: menschliche Existenz vollzieht sich in der ihm verfügbaren und begrenzten Zeit. Indem der Mensch seine Zeit berechnet, ihr Inhalte und Lebensgestaltung zuordnet, füllt er sie und kann mit den Inhalten eine subjektive Wertung vornehmen.13So werden Zeiten als gute oder schlechte Zeiten bewertet und mit einer bestimmten Bedeutung versehen. Vgl. a.a.O. S. 36.

Indem wir fragen wie wir leben wollen und wie wir mit unserer Zeit umgehen wollen, entsteht eine Verbindung zwischen der ethischen und der anthropologischen Dimension. Dieses Fragen könnte Anlass sein, zu einem kritischen Zeitverständnis und Zeitbewusstsein zu gelangen, um in unseren gesellschaftlichen und kulturellen Kontexten, geprägt von Modernisierung und Globalisierung, schnellen Kommunikationssystemen und Medien mit unterschiedlichen Zeiterfahrungen umgehen zu können.14Schweitzer sieht darin einen praktisch-theologischen Bildungsauftrag, der in den nachfolgenden Überlegungen aufgegriffen werden soll. SCHWEITZER, Friedrich, Art.: Zeit/Zeitvorstellungen, VI. Praktisch-Theologisch, in: RGG, Bd. 8, Sp. 1816.

3. Didaktische Überlegungen

Aus den abschließenden Gedanken der Sachanalyse lassen sich Rückschlüsse für das praktisch-theologische Handlungsfeld des Religionsunterrichts formulieren.
Friedrich Schweitzer sieht für eine gelingende Identitätsbildung die Entwicklung eines kritischen Zeitverständnisses und Zeitbewusstseins als religionspädagogische Aufgabe. In Berufung auf Erkenntnisse der Entwicklungspsychologie bildet sich die Fähigkeit mit unterschiedlichen Zeitbegriffen, Zeitvorstellungen und Zeitkonzepten umzugehen erst aufgrund spezifischer Erfahrungen in der Adoleszenz heraus.15Vgl. a.a.O. Dem Religionsunterricht obliegt es dann, diese spezifischen Erfahrungsformen als Herausforderungen und Chance aufzugreifen, um ein kritisches Zeit- und Selbstbewusstsein auszubilden und einen Beitrag zur Persönlichkeitsentwicklung zu leisten.

Im Fachlehrplan des Landes Sachsen-Anhalt ist die Auseinandersetzung mit Zeitvorstellungen und Zeitkonstruktionen im Kompetenzschwerpunkt Eschatologie der Klassenstufe 10 vorgesehen.16Vgl. Kultusministerium Sachsen-Anhalt: Fachlehrplan Gymnasium, Evangelischer Religionsunterricht, Magdeburg 2016; URL: http://www.bildung-lsa.de/pool/RRL_Lehrplaene/Erprobung/Gymnasium/FLP_Gym_evRel_LTn. pdf?rl=59, [letzter Zugriff am 6. Oktober 2017]. Hierfür sind in den grundlegenden Wissensbeständen verschiedene biblische Zeitverständnisse (präsentische Eschatologie, zyklisches und lineares Zeitverständnis) zur Behandlung im Unterricht vorgeschlagen.

Die Verbindung zwischen den oben genannten religionspädagogischen Herausforderungen und der curricularen Vorgabe sollte über eine sinnstiftende Anforderungssituation erfolgen. Die SuS werden ausgehend von ihren individuellen Zeiterfahrungen und Zeitverständnissen in eine Begegnung mit religiösen, theologischen, kulturellen und gesellschaftlichen Zeitkonzepten geführt. Dabei erfolgt die Behandlung des Themas „Was ist Zeit?“ innerhalb der Sequenz Eschatologie vor allem aus einer anthropologischen Perspektive: Menschliche Existenz, Endlichkeit und Zeiterfahrungen sind durch die Zeit bestimmt und die SuS können über eine Annäherung an die Frage „Was ist Zeit?“ sich dessen bewusst werden. Aus der individuellen Wahrnehmung der Zeit sollte die Einbettung in kulturelle und gesellschaftliche Zusammenhänge der sozial bedingten Zeit und Erfahrungen diesbezüglich erfolgen.

Für die Ausprägung der Wahrnehmungskompetenz erweist sich der religionspädagogische Ansatz von Joachim Kunstmann als gewinnbringend. Demnach sieht er in einem ästhetisch konturierten Zugang einen Weg zu religiöser Bildung: „Ästhetische Erfahrung stellt in exemplarischer Weise jenen vermittelnden Bezug zwischen Welt und Selbst her […] Bildungsprozesse beginnen mit wacher Wahrnehmung“.17KUNSTMANN, Joachim, Zur ästhetischen Signatur religiöser Bildungsprozesse, Gütersloh 2002, S. 238. Diese ästhetische Bildung leitet sich weniger als Ergebnis von Denkprozessen, sondern vielmehr als Ergebnis sinnlicher Erfahrungen und einer reflexiven Wahrnehmungsfähigkeit ab.18Die Förderung reflektierter Wahrnehmung erfolge nach Kunstmann über die Verknüpfung von ästhetischer Erfahrung und Vernunft, zu einer ästhetischen Vernunft (als einem höheren Vermögen). Ebd.

In der Fortführung seines Ansatzes folgen diese didaktischen Überlegungen der Annahme, dass über Medien, vertiefende sinnliche Erfahrungen gemacht werden können, die Ausgangspunkt von Bildung und Erkenntnis sein können. Vor allem im Hinblick auf Zeiterfahrungen bietet sich die Verwendung von medialen Zeugnissen an, da über Ton, Bild und Musik ein mehrdimensionales Darstellen von zu deutenden Zeiterfahrungen möglich ist. Kurzfilmbeiträge wie sie bspw. unter webcompetent.org, dem religionspädagogischen Blog aus Thüringen und Sachsen-Anhalt vorgestellt und unterrichtspraktisch eingebettet werden, zeugen von einer faszinierenden Dichte und ermöglichen eine vertiefende Auseinandersetzung mit Zeiterfahrungen und Zeitverständnissen.

4. Kompetenzorientierte Lernziele

Die Unterrichtssequenz leistet schwerpunktmäßig einen Beitrag zur Ausbildung der Deutungskompetenz im Kompetenzschwerpunkt Eschatologie. Übergeordnetes Ziel dieser Sequenz ist ausgehend vom Leitgedanken – Hoffnung als Gestaltungskategorie des demokratischen Gemeinwesens beurteilen – gegenwarts- und zukunftsbezogene Deutungen vorzunehmen.

Die Unterrichtsstunde leistet mithilfe des folgenden Lernziels einen Beitrag zur Ausbildung der Wahrnehmungs- und Darstellungskompetenz.

Die SuS können Vorstellung und Konstruktion von Zeit (Lebenszeit) aus dem Kurzfilm „A Single Life“ wahrnehmen, deuten und in den theologischen Deutungsrahmen des Buches Kohelet (Koh 3, 1-13 – Alles hat seine Zeit) einbetten. Darüber hinaus können sie sich ihrer eigenen Zeiterfahrung in der Gestaltung von Leben und Alltag bewusst werden.

Zudem leistet die Unterrichtsstunde einen Beitrag zur kulturellen Kompetenz19Vgl. die Schlüsselkompetenzen im Grundsatzband. Kultusministerium Sachsen-Anhalt: Grundsatzband Gymnasium/Fachgymnasium. Kompetenzentwicklung und Unterrichtsqualität, Magdeburg 2014, URL: https:/ www.bildung-lsa.de/pool/RRL_Lehrplaene/Erprobung/Gymnasium/GSB_Gym_LT.pdf?rl=81, S. 12., indem die SuS in dem Kurzfilm „A Single Life“ ein Zeugnis der ästhetischen Auseinandersetzung mit anthropologischen Fragestellungen erkennen und als solches verstehen.

5. Methodische Entscheidungen

Um die formulierten Ziele zu erreichen, werden nachfolgende methodische Entscheidungen getroffen.

Der Einstieg erfolgt über den Kurzfilm „A Single Life“, der 2014 von einem niederländischen Filmteam produziert wurde. Film und Song erzählen und spielen kreativ mit Zeit und Zeiterfahrungen und ermöglichen aufgrund von vielen kleinen Details (Symbolen, Zeichen, Buchtitel, etc.) einen weiten Deutungshorizont.

Für diese Unterrichtstunde ist ein einmaliges Anschauen und anschließendes Hören des Filmsongs geplant, da der Song im Laufe des Films aufgrund der zeitreisenden Prota- gonistin lediglich in kurzen Ausschnitten zu hören ist. Als Beobachtungsaufgabe erhalten die SuS den Auftrag, Überlegungen dahingehend anzustellen, welche Botschaft der Film dem Zuschauer vermitteln könnte.

Diese Botschaft des Films wird im späteren Verlauf der Stunde eine Formulierung an der Tafel finden, doch sollte dies erst nach der Erarbeitungsphase und der Wahrnehmung von möglichen Zeitbegriffen und verarbeiteten Zeiterfahrungen des Films erfolgen, da in dieser Phase in Kooperation mit einem Gesprächspartner ein Ideen- und Gedankenaustausch auch zur Deutung und Botschaft des Films vorgenommen und in dieser Sozialform eine verändernde oder vertiefende Deutung erfahren könnte.

Eine Alternative könnte die Formulierung von Fragen, die den SuS während des Schauens in den Sinn kommen und während der Stunde aufgegriffen werden sollen, zur Beobachtungsaufgabe stellen. Aufgrund der Länge des Filmes von nur knapp 3 Minuten und der Annahme folgend, dass die SuS über eine unterschiedliche Deutung der Botschaft des Films im Lehrer-Schüler-Gespräch auch offene Fragen zur Diskussion stellen, fällt die Entscheidung zugunsten des erstgenannten Beobachtungsauftrages.

Das Hören der Filmmusik wird durch ein Arbeitsblatt mit einer Kurzversion des Songtextes unterstützt, um eine Verbindung zwischen Hören des Liedes, Lesen und Erfassung des Liedinhalts möglich zu machen. Übersetzungsfragen werden im Plenum und in der partnerschaftlichen Hilfestellung geklärt. Dann schließt sich wie oben bereits angemerkt ein kurzer Austausch in Partnerarbeit an, der die individuelle Wahrnehmung der SuS über den partnerschaftlichen Austausch in einen größeren Deutungsraum stellen soll. Im anschließenden Lehrer-Schüler-Gespräch ist ein Austausch über Filminhalt, Deutung und Zeitperspektiven des Filmes geplant, dessen Ziel eine Formulierung der zentralen Botschaft des Films an der Tafel ist. Aufgrund der Deutungsoffenheit des Films können mehrere individuelle Formulierungen gefunden und festgehalten werden. Die Formulierung als Du- Botschaft dient hierbei einer Provokation, da Du-Botschaften eher Widerstand oder Ablehnung erzeugen. Gleichwohl eröffnet eine formulierte Du-Botschaft wie „Du hast nur dieses eine Leben, lebe es richtig!“ einen umfänglicheren Deutungskontext. Dem können SuS zustimmend oder ablehnend begegnen, das kann unangenehmen Druck oder eine positive Lebenseinstellung erzeugen. Diese Phase folgt methodisch dem Think-Pair-Share-Prinzip.

Alternativ wäre die Erhöhung der Komplexität der Aufgabenstellung insofern möglich, dass die SuS nach der individuellen Wahrnehmung von Film und Song, nicht nur begründete Zeiterfahrungen aus den filmischen und musikalischen Gestaltungsmitteln partnerschaftlich diskutieren, sondern auch eine Formulierung der Botschaft des Films vornehmen und diese dann in der Share-Phase zur Gesprächsgrundlage für das Plenum wird. Dafür bräuchten die SuS hinreichend Zeit und die Chance im Plenum ins Gespräch zu kommen, würde sich merklich reduzieren. Daher fällt die Entscheidung zugunsten der Vorgehensweise in drei Schritten in der jeweils vergrößerten Sozialform aus.

Über der Vertiefungsphase steht eine Erweiterung um die religiöse Dimension. Diese wäre im Anschluss an die Überlegungen der SuS im Lehrer-Schüler-Gespräch als Impuls über verschiedene Richtungen denkbar. So könnte Zeiterfahrung eines biblischen Textes wie bspw. Koh 3 oder Psalm 90,12 oder theologische wie religionsphilosophische Gedanken zur Zeit von Augustin, Anselm Grün oder Ernesto Cardenal herangezogen werden, um die Deutungsebene zu vergrößern. Die Entscheidung wurde zugunsten des Textes „Alles hat seine Zeit“ aus dem Buch Kohelet getroffen, da es einerseits in seiner Gedichtform die Dichtkunst der Antike mit der Dichtkunst von heute (A Single Life) offenkundig macht und da es andererseits im Hinblick auf inhaltliche Ähnlichkeiten eine mit dem Film vergleichbare, präsentisch gedachte Botschaft herauszustellen möglich macht.

Nach dem stillen Lesen des Textes, das sich aufgrund der sprachlichen Wiederholungen eher anbietet als ein gemeinschaftliches versweises Vorgehen – wird auch hier eine Formulierung der Botschaft in der Du-Form an der Tafel fixiert. Die Vertiefungsphase wird durch eine herausfordernde Entscheidung abgeschlossen, die wiederum eine weitere Deutungsebene des Filmes aufgreifen und Raum für Interpretation schaffen soll: Die Frage „Kann Gott als Überbringer oder Sprung in der Platte gedacht werden?“ erfordert von den SuS eine begründete Positionierung.

Die Reflexionsphase dieser Stunde soll den SuS eine vertiefende Auseinandersetzung mit ihrer eigenen gegenwärtigen Zeiterfahrung und Gestaltung von Zeiträumen ermöglichen. Ein kurzer Lehrervortrag dient hierbei der gedanklichen Rückführung zum Kurzfilm und der Einführung in die Aufgabe, sich ein im übertragenen Sinne gemeintes Bild eines derzeitigen Raumes im Leben der SuS zu machen. Gedankliche Anregung sind dafür Satzanfänge auf einem Arbeitsblatt, die Momente des Films aufgreifen und darüber hinausgehende Zeiterfahrungen gedanklich erfassen und ins Bewusstsein der SuS holen sollen. Der Austausch im Plenum wird bereits auf dem Arbeitsblatt, aufgrund der persönlichen Aussagen und Gedanken der SuS als eine freiwillige Option formuliert. Gleichwohl wird ein Austausch mit einem Arbeitspartner als wünschenswert beschrieben, damit die SuS untereinander Wertschätzung erfahren und geben, sowie zu einer gedanklichen Anregung oder vertiefenden Erkenntnis gelangen können. Zum Stundenende führt dann das Angebot an das Plenum, Gedanken zu den Zeiterfahrungen und dem partnerschaftlichen Austausch dazu vorzustellen und in einen größeren Austausch zu gelangen.

In der didaktischen Reserve könnte bei einem kleinerem Zeitpolster ein Wechsel in die Metaebene mit dem Frageimpuls: „Welche Fragen haben sich euch aus der Beschäftigung mit den Satzanfängen ergeben?“ erfolgen. Ein vertiefender Frageimpuls zur Bedeutung von Nichtstun und Langeweile als Schlüssel zu Kreativität und Erfolg könnte im Falle eines größeren Zeitfensters anschließen. Dies könnte gut mit einem Zitat von Ernesto Kardenal eingeleitet und der Frage: „Welche Erfahrungen habt ihr mit Langeweile gemacht?“ aufgegriffen und eingebettet werden.
„Nun fällt es dem modernen Menschen schon schwer, allein zu sein; auf den Grund seines eigenen Ichs zu steigen, ist fast unmöglich für ihn. Sollte er aber doch einmal mit sich selbst im stillen Kämmerlein bleiben und gerade kurz vor der Erkenntnis Gottes stehen, dann macht er das Radio oder den Fernseher an.“20Aus einer Predigt von Margot Käßmann vom 30. Mai 2010, unter: https://goo.gl/ewsj3k.

6. Abkürzungsverzeichnis

Die Bedeutung der Abkürzungen entsprechen den Angaben in: SCHWERTNER, Siegfried, u.a. (Hrsg.): Internationales Abkürzungsverzeichnis für Theologie und Grenzgebiete. IATG. Zeitschriften, Serien, Lexika Abkürzungsverzeichnis, Berlin 1976. Die Abkürzungen der biblischen Bücher erfolgen nach den Loccumer Richtlinien.

7. Literaturverzeichnis

AUGUSTINUS, Aurelius: Die Bekenntnisse des heiligen Augustinus, Elftes Buch, 14. Kapitel, Leipzig 1888, URL: http://gutenberg.spiegel.de/buch/die-bekenntnisse-des-heiligen-augustinus-510/12 [letzter Zugriff am 10.10.2017]

FREY, Jörg, Art.: Zeit/Zeitvorstellungen, II. Biblisch. 2. Neues Testament, in: RGG, Bd. 8, Sp. 1804-1805

GLOY, Karen, Art.: Zeit, I. Philosophisch, in: TRE, Bd. 36, 504-516

Kultusministerium Sachsen-Anhalt: Fachlehrplan Gymnasium, Evangelischer Religionsunterricht, Magdeburg 2016; URL: http://www.bildung-lsa.de/pool/RRL_Lehrplaene/Erprobung/Gymnasium/FLP_ Gym_evRel_LTn.pdf?rl=59, [letzter Zugriff am 6. Oktober 2017]

Kultusministerium Sachsen-Anhalt: Grundsatzband Gymnasium/Fachgymnasium. Kompetenzentwicklung und Unterrichtsqualität, Magdeburg 2014; URL: https://www.bildung-lsa.de/pool/RRL_Lehrplaene/ Erprobung/Gymnasium/GSB_Gym_LT.pdf?rl=81, [letzter Zugriff am 6. Oktober 2017]

KUNSTMANN, Joachim, Zur ästhetischen Signatur religiöser Bildungsprozesse, Gütersloh 2002

MATHYS, Hans-Peter, Art.: Zeit, III. Altes Testament, In: TRE, Bd. 36, S. 520-523

MOHN, Jürgen, Art: Zeit/Zeitvorstellungen, I. Religionswissenschaftlich, in: RGG, Bd. 8, Sp. 1800-1802

REINGRABNER, Gustav: „… Zeitlich und ewiglich wohl verdienet …“ -„ Einige theologische Bemerkungen zur Zeit, in: HELLER, Hartmut (Hrsg.): Gemessene Zeit – gefühlte Zeit. Tendenzen der Beschleunigung, Verlangsamung und subjektiven Zeitempfindens, Wien 2006, S. 23-42

SCHWEITZER, Friedrich, Art.: Zeit/Zeitvorstellungen, VI. Praktisch-Theologisch, in: RGG, Bd. 8, Sp. 1816- 1817

SCHWÖLBEL, Christoph, Art.: Zeit/Zeitvorstellungen, V. Religionsphilosophisch, dogmatisch, ethisch, 2. Dogmatisch, 3. Ethisch, in: RGG, Bd. 8, Sp. 1812-1816

VYGOTSKIJ, Lev Semënovič: Denken und Sprechen, Weinheim u.a. 2002

8. Anhang

8.1. Selbständigkeitserklärung

Hiermit erkläre ich, N.N., geb. am xxx in xxx, wohnhaft in xxx, dass ich den vorliegenden Unterrichtsentwurf selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die von mir angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt und die den benutzten Werken wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe.

xxx., den xxx.

8.2. Sequenzplanung

Thema der Sequenz: Worauf kann ich hoffen?
Kompetenzschwerpunkt: Eschatologie -> Hoffnung als zentrale Gestaltungskategorie des demokratischen Gemeinwesen beurteilen

Schwerpunktmäßig auszubildende prozessbezogene Kompetenzen:

Was ist Zeit?

D: vielfältige Vorstellungen und Konstruktionen von Zeit interpretieren

Worauf kann ich hoffen?

KuD: den religiösen Ursprung des Hoffnungsgedankens aufdecken und Ambivalenzen kommunizieren
B: theologische Positionen der christlichen Auferstehungshoffnung beurteilen

Gibt es für unsere Welt noch Hoffnung?

WuD: in Utopien und Dystopien die Herausforderungen der Gegenwart wahrnehmen
G: sich mit der Gestaltungskategorie Hoffnung im Kontext des demokratischen Gemeinwesens auseinandersetzen

inhaltliche Schwerpunkte für inhaltsbezogene Kompetenzen

  • Perspektiven:
    • individuelle Zukunftshoffnungen
    • Zeit und Endlichkeit im Blickfeld christlicher Theologie
    • gestaltete Zukunft im Horizont interreligiöser und gesellschaftlicher Vielfalt
  • zyklisches Zeitverständnis: Koh 1, 2-11; lineares Zeitverständnis: 5. Mose 6,20-25
  • Chronos: Ps 90,4; Kairos: Mk 1,14;
  • hoffnungstheologische Texte des Judentums: 5. Mose 26, 5-9; des Christentums: Mt 12,40; des Islam: Sure 21:88
  • das paulinische Auferstehungsbekenntnis: 1. Kor 15,3-5; präsentische Eschatologie: Lk 17,21
  • das himmlische Jerusalem: Off 21, 1-5

8.3 Verlaufsplanung

Thema der Stunde: Wenn die Zeit knapp wird? – A Single Life
Ziele: Die SuS können Vorstellung und Konstruktion von Zeit (Lebenszeit) aus dem Kurzfilm „A Single Life“ wahrnehmen, deuten und in den theologischen Deutungsrahmen des Buches Kohelet (Koh 3, 1-13: Alles hat seine Zeit) einbetten.

Darüber hinaus können sie sich ihrer eigenen Zeiterfahrung in der Gestaltung von Leben und Alltag bewusst werden.

8.4. Kommentierter Sitzplan

 

8.5 Das Tafelbild

8.6 Arbeitsmaterialien

Die Materialien finden sich in diesem Ordner. Das Passwort erfahren Sie von ihrer Seminarleitung.

Fußnoten

Fußnoten
1 Schülerinnen und Schüler wird zur besseren Lesbarkeit in den folgenden Ausführungen mit SuS abgekürzt.
2 N.N., N.N., N.N., N.N., N.N., N.N. S, N.N., N.N. und N.N. sind konfirmiert oder weisen eine Nähe zu kirchengemeindlichen Aktivitäten auf.
3 Sich Einlassen ist die Voraussetzung der Entwicklung von Wahrnehmungs- und Darstellungsfähigkeit. Dieses Kriterium aber lediglich unter Leistungsvermögen einzuordnen, wäre eine unpassende Verengung. Wahrnehmen ist u.a. von Gefühlen und Stimmung beeinflusst und gibt daher nicht nur über unser Vermögen oder Unvermögen Leistungen zu erbringen Aufschluss. Die Bereitschaft und das Vermögen Leistungen zu erbringen sind also in größerer Abhängigkeit vom persönlichen Lernbereich, vor allem wenn es um eine ästhetische Dimension religiöser Bildungsprozesse geht. Vgl. hierzu die didaktischen Überlegungen weiter unten.
4 In Weiterführung von Vygotskij, der individuelle kognitive Weiterentwicklung über Zusammenarbeit und Kommunikation mit anderen als ein Werkzeug für Lernerfolge kennzeichnet. Vgl. VYGOTSKIJ, Lev Semënovič: Denken und Sprechen, Weinheim u.a. 2002, S. 327.
5 AUGUSTINUS, Aurelius: Die Bekenntnisse des heiligen Augustinus, Elftes Buch, 14. Kapitel, Leipzig 1888, Online im Internet, URL: http://gutenberg.spiegel.de/buch/die-bekenntnisse-des-heiligen-augustinus-510/12. [letzter Zugriff am 10.10.2017]
6 Vgl. GLOY, Karen, Art.: Zeit, I. Philosophisch, in: TRE, Bd. 36, S. 504.
7 Dieser Film und viele weitere interessante Projekte des kunstschaffenden Teams finden sich auf der Website der Filmemacher, unter: http://jobjorisenmarieke.nl/a-single-life.
8 Vgl. MOHN, Jürgen, Art: Zeit/Zeitvorstellungen, I. Religionswissenschaftlich, in: RGG, Bd. 8, Sp. 1801.
9 Vgl. MATHYS, Hans-Peter, Art.: Zeit, III. Altes Testament, In: TRE, Bd. 36, S. 521f.
10 Ebd.
11 Sofern nicht anders angegeben, folgen die nächsten Ausfpührungen der Darstellung von: SCHWÖLBEL, Christoph, Art.: Zeit/Zeitvorstellungen, V. Religionsphilosophisch, dogmatisch, ethisch, 2. Dogmatisch, 3. Ethisch, in: RGG, Bd. 8, Sp. 1812-1816.
12 REINGRABNER, Gustav: „… Zeitlich und ewiglich wohl verdienet …“ – Einige theologische Bemerkungen zur Zeit, in: HELLER, Hartmut (Hrsg.): Gemessene Zeit – gefühlte Zeit. Tendenzen der Beschleunigung, Verlangsamung und subjektiven Zeitempfindens, Wien 2006, S. 32f.
13 So werden Zeiten als gute oder schlechte Zeiten bewertet und mit einer bestimmten Bedeutung versehen. Vgl. a.a.O. S. 36.
14 Schweitzer sieht darin einen praktisch-theologischen Bildungsauftrag, der in den nachfolgenden Überlegungen aufgegriffen werden soll. SCHWEITZER, Friedrich, Art.: Zeit/Zeitvorstellungen, VI. Praktisch-Theologisch, in: RGG, Bd. 8, Sp. 1816.
15 Vgl. a.a.O.
16 Vgl. Kultusministerium Sachsen-Anhalt: Fachlehrplan Gymnasium, Evangelischer Religionsunterricht, Magdeburg 2016; URL: http://www.bildung-lsa.de/pool/RRL_Lehrplaene/Erprobung/Gymnasium/FLP_Gym_evRel_LTn. pdf?rl=59, [letzter Zugriff am 6. Oktober 2017].
17 KUNSTMANN, Joachim, Zur ästhetischen Signatur religiöser Bildungsprozesse, Gütersloh 2002, S. 238.
18 Die Förderung reflektierter Wahrnehmung erfolge nach Kunstmann über die Verknüpfung von ästhetischer Erfahrung und Vernunft, zu einer ästhetischen Vernunft (als einem höheren Vermögen). Ebd.
19 Vgl. die Schlüsselkompetenzen im Grundsatzband. Kultusministerium Sachsen-Anhalt: Grundsatzband Gymnasium/Fachgymnasium. Kompetenzentwicklung und Unterrichtsqualität, Magdeburg 2014, URL: https:/ www.bildung-lsa.de/pool/RRL_Lehrplaene/Erprobung/Gymnasium/GSB_Gym_LT.pdf?rl=81, S. 12.
20 Aus einer Predigt von Margot Käßmann vom 30. Mai 2010, unter: https://goo.gl/ewsj3k.

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